Rechts im Bild der Vorsitzende der 60. ITTAB, Reto Canale, Direktor des IKSS, links Georg A. Kopanakis, technischer Direktor des IKSS, der unter anderem für das reibungslose Funktionieren der Projektionstechnik sorgte. © J. Nejez
Die ITTAB ist eine Veranstaltung, deren Bedeutung  in der Seilbahnbranche häufig unterschätzt wird. Das liegt vor allem  daran, dass Seilbahnhersteller und -betreiber daran nicht teilnehmen  können; diese Tagung ist im Wesentlichen den Vertretern von technischen  Seilbahn-Aufsichtsbehörden vorbehalten. In diesem Gremium können  technische und organisatorische Probleme der Behörden offen diskutiert  werden; diese Gespräche tragen maßgeblich zu einem Abbau von  Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen zwischen den  Seilbahnländern bei. Das kommt der gesamten Seilbahnbranche zu Gute,  weil schon im Vorfeld von behördlichen Maßnahmen hinsichtlich  technischer und organisatorischer Probleme das Wissen und Verständnis  der Entscheidungsträger ein höheres Niveau erreicht.
An der 60. ITTAB nahmen knapp 50 Teilnehmer aus 18 Ländern teil. Die  Internationalität der ITTAB hat im Laufe der sechs Jahrzehnte, in denen  sie ohne Unterbrechung jedes Jahr stattgefunden hat, laufend zugenommen.  Heute nehmen neben Vertretern der meisten europäischen Seilbahnländer  auch solche aus anderen Kontinenten teil, wie aus Argentinien, China,  Hongkong oder Japan.
Unfallberichte und -statistik
Im Laufe der erwähnten Jahrzehnte hat sich natürlich auch für das  Arbeitsprogramm eine Tradition entwickelt. So wird nach der üblichen  Vorstellungsrunde der Delegationen in den ersten Arbeitssitzungen über  außerordentliche Seilbahnunfälle und -zwischenfälle berichtet. Aus  diesen Berichten können die Vertreter der jeweils anderen Delegationen  wertvolle Hinweise für ihre eigene Überwachungstätigkeit gewinnen.
 Die gleiche Zielsetzung wird mit der Unfallstatistik der ITTAB  verfolgt, in der nach bestimmten Kriterien Unfall- und Ereigniszah-len  zusammengestellt werden. Dies ermöglicht den Ländern einen Vergleich mit  den Verhältnissen in anderen Ländern und natürlich das Erkennen von  möglichen Schwachpunkten in der eigenen Aufsichtstätigkeit.
 Schwerpunktthemen
Ein weiterer wichtiger Abschnitt des Tagungsprogramms ist die  Behandlung von Schwerpunkt- und speziellen technischen Themen, die die  Delegationen für die Tagung vorbereitet haben und zur Diskussion  stellen, wie das Problem der Genehmigungspflicht von Um- und Zubauten  oder Fragen bezüglich der Aufsichtstätigkeit im Zusammenhang mit der  Schnittstelle zwischen Sommerrodelbahnen und Seilbahnen bzw.  Schleppliften, die der Rückbringung der Rodeln dienen.
Veranstalter
Verantwortlich für die Ausrichtung der 60. ITTAB war ein  Organisationsteam, das aus Vertretern des Schweizer Bundesamts für  Verkehr (BAV) und des Interkantonalen  Konkordats für Seilbahnen und  Skilifte (IKSS) zusammengesetzt war. Was dieses Team geleistet hat,  verdient wirklich höchste Anerkennung. Nicht nur, dass die Organisation  der Arbeitssitzungen völlig reibungslos klappte, wurde den Teilnehmern  auch hinsichtlich Qualität des (5-Sterne-)Tagungshotels und des  Rahmenprogramms ein Niveau geboten, das keine Wünsche offenließ.
Rahmenprogramm
In der Umgebung des Tagungsortes Luzern, am westlichen Ende des  Vierwaldstättersees gelegen, gibt es eine große Anzahl von attraktiven  Ausflugszielen, die speziell für Seilbahntechniker höchst interessant  sind.
 Der nächstgelegene Aussichtsberg ist der Pilatus. Im auf knapp 2.100 m  ü. M. gelegenen Bergrestaurant des Pilatus gab es am Abend des ersten  Arbeitstages ein Dinner mit Präsentation des Projektes „Pilatus – fit  for the future“, bei der eine Reihe von Bauvorhaben der Pilatus-Bahnen  AG zur weiteren Aufwertung dieses touristischen Zielpunktes vorgestellt  wurde. Während die Auffahrt zum Pilatus mittels einer  Kabinen-Umlaufbahn und anschließender Pendelbahn erfolgt war, wurde für  die Talfahrt 
 die weltweit steilste Zahnradbahn gewählt – für jeden Bergbahnfreund ein echtes Highlight.
Der Nachmittag des zweiten Tages war einer Exkursion zur Baustelle des  Pumpspeicherkraftwerks „Limmern“ gewidmet. Auf der Hinfahrt wurde ein  Abstecher nach Sattel gemacht, wo die Teilnehmer mit der Kabinenbahn  „Sattel – Mostelberg“ zur drittlängsten Fußgänger-Hängebrücke der Welt  hochfuhren. Die 8er-Kabinenbahn von Garaventa weist eine spektakuläre  Besonderheit auf: Sie ist weltweit die einzige Umlaufbahn, deren Kabinen  sich während der Fahrt zweimal um ihre lotrechte Achse drehen und damit  den Fahrgästen einen wunderbaren Panoramarundblick bieten.
Die Fußgänger-Hängebrücke, die im Juli 2010 eröffnet worden ist, hat  sich als echter Publikumsmagnet herausgestellt. Nicht alle Touristen  sind wagemutig genug, sich auf die schwankende Brücke zu wagen, die mit  einer Länge von 374 m in 60 m Höhe eine tiefe Schlucht überspannt. Als  Tragelemente dienen vier vollverschlossene Tragseile mit 50 mm  Durchmesser, an denen der Gehweg aus Gitterrosten und die Handläufe  recht elastisch aufgehängt sind.
Die Hauptattraktion der Exkursion war der Besuch der 40-t-Schwerlastbahn  von Garaventa (1. Teilstrecke) auf der Kraftwerksbaustelle „Limmern“,  die wir in der ISR-Ausgabe 3/2010, Seite 18, bereits ausführlich  beschrieben haben. Obwohl die Teilnehmer aus Zeitgründen nur die  Talstation dieser Anlage mit Seilen von Fatzer (Tragseildurchmesser 90  mm) besichtigen konnten, beeindruckten die gigantischen Abmessungen der  Bauteile die Tagungsteilnehmer. Als Projektleiter beim Bau und Betrieb  dieser Seilbahn ist Arno Inauen, Geschäftsführer der Inauen-Schätti AG,  tätig. Besonders interessant ist das Fahrzeug, das über drei gekoppelte  Laufwerke und Gehänge verfügt, von denen die unteren zwei dem  Materialtransport mit verschiedenen Lastaufnahmemitteln dienen und am  oberen eine 40er-Personenkabine hängt.
Den Abschluss der Exkursion bildete ein Werksbesuch bei Garaventa in  Goldau, bei dem interessante Bauteile von Pendel- und Standseilbahnen  aus der Nähe betrachtet werden konnten.
Keine ITTAB ohne abschließendes Gala-Dinner! Auch das gehört  mittlerweile zur Tradition dieser jährlichen Veranstaltung. Als Ort  dafür hatte man das Drehrestaurant am Stanserhorn ausgewählt. Auch hier  war es nicht nur das exzellente lukullische Angebot, das die  Tagungsteilnehmer begeisterte, sondern auch die seilbahntechnischen  Besonderheiten, die im Konzept der Tourismus-Destination Stanserhorn  einen hohen Stellenwert einnehmen. Dieses Konzept stellt eine  sympathische Symbiose zwischen Tradition und Zukunftsvision dar:  Einerseits wird als erste Teilstrecke auf das Stanserhorn eine alte  Standseilbahn aus dem Jahr 1893 liebevoll gepflegt und erhalten,  andererseits wird die bestehende Pendelbahn auf der zweiten Teilstrecke  durch ein neues Seilbahnsystem ersetzt, die so genannte Cabrio-Bahn.
Das herausragende Merkmal dieser Anlage ist das  doppelstöckige 60er-Fahrzeug, dessen obere Etage als offene Terrasse für  30 Personen ausgeführt ist. Die gesamte Kabine ist in einem Rahmen  gelagert, der mit Laufwerken auf zwei Tragseilen mit breiter Spur läuft.  Die Zugseilführung entspricht der des Funifor-Systems, die  erforderlichen Zugseilscheiben am Fahrzeug sind auf der Bergseite des  Rahmens angeordnet, die Kabine wird automatisch horizontiert. Die  Betriebsaufnahme der neuen Cabrio-Bahn ist für Mai 2012 geplant.
 Ausblick
Die 60. ITTAB wird mit Sicherheit allen Teilnehmern als sehr gelungene  Veranstaltung in Erinnerung bleiben. Bei allen Highlights des  Rahmenprogramms wurde nicht darauf vergessen, dass die wesentliche  Zielsetzung der ITTAB, nämlich die permanente Erhöhung der Sicherheit  beim Personentransport mit Seilbahnen, bei der Organisation im  Mittelpunkt der Anstrengungen des jeweiligen Veranstaltungslandes stehen  soll. Im nächsten Jahr wird Österreich das Land sein, das die 61. ITTAB  in St. Anton am Arlberg ausrichten wird; für 2012 hat sich Norwegen –  selbstverständlich unter Vorbehalt der Zustimmung der  entscheidungsbefugten Stellen – bereit erklärt, in zwei Jahren  Veranstaltungsland der ITTAB zu sein.
 Josef Nejez  																	
 
						