Die neueste 4er-Sesselbahn Dámská ist schon dritte Anlage mit orangen Schutzhauben im Gebiet.
Foto: Doppelmayr
Skigebiet mit Tradition
Auf den Hängen von Klínovec (1.244 m ü. M.), des höchsten Berges des Erzgebirges Krušné hory herrschen ideale Bedingungen für den Skisport, was schon anfangs des 20. Jahrhunderts wahrgenommen wurde. Durch Anpassungen des Geländes wurden hier in den Zwischenkriegsjahren natürliche Sprungschanzen und eine Rodelbahn errichtet. Auch das Skifahren ließ nicht lange auf sich warten. Auf den für die Holzgewinnung abgeholzten Hängen entstanden die ersten hiesigen Skipisten, wo neben Rekreationssport auch Ski-Abfahrtsrennen veranstaltet wurden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gebiet als Grenzzone zu Deutschland gesperrt, die Entschärfung kam erst in den 60er Jahren. Im Jahr 1965 wurde vom Südwesten ein Einsessellift auf den Klínovec als erste Seilbahn im Gebiet gebaut. Nach 1968 fingen im Gebiet Schlepplifte wie die Pilze nach dem Regen anzuwachsen. In den 80er Jahren begann man die Pisten zu präparieren, eine der Pisten im Gebiet wurde für den Abendskilauf beleuchtet.
Aufschwung nach der Privatisierung
Schon im Jahr 1991, also bald nach dem politischen Umbruch in der damaligen Tschechoslowakei, wurde das Gebiet privatisiert. Seitdem bemüht sich der private Betreiber ständig um die Modernisierung, das Gebiet wird schrittweise ausgebaut. Über den Bau der ersten 4er-Sesselbahn mit orangen Schutzhauben Centrální (CineStar Express) im Jahr 2011, der ersten Sesselbahn mit Schutzhauben in Tschechien überhaupt, haben wir in der ISR 3/2012, S. 26-27 berichtet. Schon im Jahr 2014 folgte die zweite systemgleiche 4er-Sesselbahn mit orangen Schutzhauben Jáchymov – Klínovec (Prima Express), die den alten Einsessellift ersetzte. Durch die Trassenverlängerung um etwa 400 m Richtung Tal bis zum Parkplatz mit 600 Parkplätzen und näher zum Kurort Jáchymov entstand der zweite Einstiegspunkt ins Gebiet, der den Zugang aus Tschechien wesentlich verkürzte (siehe ISR 5-country special 2015, S. 14-16). Diese Bahn ist ganzjährig in Betrieb, neben der 3 km langen Piste mit 480 m Höhenunterschied erschließt sie im Sommer an die 67 km Mountainbike-Trassen. Vier Downhill-Strecken, von der 10,3 km langen leichten Strecke Azur bis zur 5,2 km langen schwierigen Strecke, starten bei der Berg- und enden bei der Talstation dieser Sesselbahn. Natürlich befördert die Bahn auch Touristen.
Gebrauchtanlage für eine Zwischenperiode
Die beliebteste blaue Piste Dámská auf den Nordhängen des Gebietes wurde ursprünglich mit einem Schlepplift bedient, der seit der Wintersaison 2005/2006 durch eine gebrauchte fixe 3er-Sesselbahn des Herstellers Graffer Seggiovie ersetzt wurde. Diese Bahn stammte aus dem italienischen Gebiet Marilleva (Malga Panciana – Orso Bruno). Auf ihrem neuen Einsatzort wurde sie zusätzlich mit einem Förderbahneinstieg ausgestattet, und in der Bergstation wurde die alte mechanische Förderseilabspannung durch eine hydraulische Spanneinrichtung ersetzt.
Dritte systemgleiche Sesselbahn
Die fixe 3er-Sesselbahn entsprach vor allem nach der Erweiterung der beliebten blauen Piste nicht mehr den Anforderungen an Förderleistung und Fahrtkomfort. Trotz der anfänglichen Überlegungen, die Bahn durch eine leistungsfähigere Gebrauchtanlage zu ersetzen, entschied sich der Betreiber eine komplett neue Anlage zu bauen. Und da beide „orangen“ Sesselbahnen inzwischen für das Gebiet Klínovec typisch geworden sind, ist offenbar, dass auch die dritte kuppelbare Sesselbahn im Gebiet mit orangen Schutzhauben ausgerüstet wurde. Auch die Stationen im klassischen Uni-G-Design entsprechen jenen ihrer beiden älteren Schwestern. Die Sessel sind mit Sitzheizung ausgerüstet, die Garagierung aller 80 Sesseln erfolgt im Stationsumlauf der Talstation (30 Sessel) und auf einem Abstellgleis neben der Station (50 Sessel). Mit dem Bau dieser Bahn hat sich die Fahrzeit im Vergleich mit der alten Bahn halbiert, die Förderleistung wurde um 800 P/h erhöht.
Die Bauarbeiten fingen im Juli 2019 an, und schon am 14. Dezember 2019 wurde die Bahn in Betrieb genommen. Im schwierigen Gelände wurden die Trassenstützen mit dem Hubschrauber aufgestellt. Die Belastungs- und Bremsproben wurden nicht mit wasser- oder sandgefüllten Kanistern als Ballastgewicht durchgeführt, wie es in den Alpen übrig ist. Es wurden hier insgesamt 200 volle Bierfässer als Ballast verwendet, was bei den Seilbahnen in Tschechien schon zur Tradition geworden ist. Ob wirklich alle Bierfässer wieder voll der Brauerei zurückgegeben wurden, wie der Bahnbetreiber behauptet, ist dem Verfasser dieses Berichtes leider nicht gelungen zu überprüfen.
Investitionen ins Gebiet
Vor der Wintersaison 2019/2020 investierte der Betreiber Skiareál Klínovec 150 Mio. tschechische Kronen (etwa 5,8 Mio. Euro) aus eigenen Mitteln und Bankkrediten ins Gebiet, ohne Subventionen. Davon kostete die Bahn 110 Mio. tschechische Kronen. Der Rest dieser Investition ging in die technische Beschneiung, vor allem zur Erhöhung des Speichervolumens um 65 000 m3 Wasser. Auch wenn die Idee zur seilbahntechnischen Verbindung des Gebietes Klínovec mit dem benachbarten deutschen Fichtelberg immer noch nicht umgesetzt wurde, besteht zwischen beiden Gebieten eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Form der Gültigkeit der Skipässe für 1,5 Tage und mehr für beiden Gebiete.
TECHNISCHE DATEN
4er-Sesselbahn Klínovec, Dámská
mit orangen Wetterschutzhauben und Sitzheizung
Seehöhe Talstation | 1.003 m ü. M. |
Seehöhe Bergstation | 1.235 m ü. M. |
Schräge Länge | 1.210 m |
Höhenunterschied | 232 m |
Förderseildurchmesser | 38 mm |
Antrieb | Tal |
Motorleistung (Anfahren/Dauerbetrieb) | 321/236 kW |
Spanneinrichtung | Tal |
Sesselanzahl | 80 |
Fahrzeit | 4,4 min |
Max. Fahrgeschwindigkeit | 5,0 m/s |
Max. Förderleistung | 2.175 P/h |
Hersteller und Baujahr | Doppelmayr, 2019 |
Förderseilhersteller | Fatzer |